Das Leben ist gut - Alex Capus [Rezension]

Sonntag, Oktober 16, 2016

Kurzmeinung 

Ich hatte beim Hören sehr gemischte Gefühle. Feinfühligen Beobachtungen und Beschreibungen und witzigen Anekdoten haben mich begeistert. Aber dann gab es auch unzusammenhängende Aneinanderreihungen von Banalitäten, die echte Längen entstehen ließen.



Bewertung: 3 Sterne 



Klappentext

Eine Hymne auf die Große Liebe.

Zum ersten Mal in fünfundzwanzig Jahren Ehe schlafen Max und Tina nicht im selben Bett: Tina ist beruflich in Paris, und Max bleibt in seiner Heimatstadt, wo er eine Bar betreibt. Durch die Abwesenheit seiner Frau wird ihm bewusst, was ihm wirklich wichtig ist im Leben. Abends steht Max hinter dem Tresen seiner Bar und hört sich die Geschichten seiner Gäste an. Tagsüber bringt er mit seinem Handkarren das Altglas weg, repariert das Mobiliar, begibt sich auf die Suche nach einem ausgestopften Stierkopf - oder legt sich mit Immobilienspekulanten an. In seinem neuen Roman stellt Alex Capus einen Erzähler in den Mittelpunkt, der mit sich selbst im Reinen ist, der mit scharfem und versöhnlichem Blick das verteidigt, was im Alltag und der Hektik schnell übersehen wird. 

Zur Handlung

Dieses Buch hat eigentlich keine richtige Handlung in dem Sinne. Der Protagonist Max plaudert ein wenig aus seinem Leben und seine Erzählungen plätschern so dahin. Er erzählt uns von seinem Alltag, seinem Eheleben, seiner Arbeit in der Bar und deren Gästen. Er gibt Anekdoten zum Besten und erzählt von seinen Freunden, seiner Jugend. Max hat schon immer in der selben kleinen Stadt gelebt. Er liebt seine Familie, seine Frau und seine Söhne. Und er liebt seine Arbeit in der Bar. Sein Leben ist eigentlich ganz gewöhnlich -und Max ist sehr zufrieden damit. Denn sein Leben ist gut. 


Meine Meinung

Ich habe vor einiger Zeit Léon und Louise von Alex Capus gelesen und was von dem Buch sehr begeistert. Als ich dann von diesem neuen Buch von ihm gehört habe, war klar, dass ich es haben muss. Es hat sich so ergeben, dass ich es als Hörbuch bekommen habe. Das war sehr spannend, denn der Autor hat es selbst gelesen. Am Anfang fand ich es eher anstrengend ihm zuzuhören, wegen seines Akzents. Aber dann habe ich mich daran gewöhnt und fand es am Ende sogar sehr charmant. 

Die Geschichte an sich hat bei mir sehr gemischte Gefühle ausgelöst. 
Teilweise bietet uns Capus hier sehr genaue Beobachtungen und feinfühlige Beschreibungen, die leicht überspitzt dargestellt sind, so dass einem bestimmte Eigenarten erst richtig auffallen und einen zum Schmunzeln bringen. Solche Beschreibungen von sozialer Interaktion und bestimmten Typen Menschen sind ein wahrer Genuss. In seiner Bar lernen wir extravagante Charaktere kennen, die herrlich schillernd und bunt beschrieben werden. Aber auch ganz normale 0-8-15 Typen, wie wir sie alle kennen. Und gerade deren ehrliche und trockene, humorvolle Beschreibungen sind es, die einen zum Lachen bringen. Wenn er zum Beispiel zwei Frauen beschreibt, die in seine Bar kommen, beide nur einen Fürchtetee bestellen, aber stundenlang an einem Tisch sitzen, ununterbrochen reden und sich dabei immer abwechselnd gegenseitig über den Arm streicheln. Einfach herrlich. Da hat jeder sofort eigene Bilder im Kopf. Und Capus spitze Bemerkungen und feinen Beobachtungen bringen eben andere Aspekte viel mehr in den Vordergrund oder lassen uns das Komische in solchen Alltagssituationen erst erkennen. 

Auf der anderen Seite gibt es dazwischen aber auch lange Beschreibungen von Banalitäten, aneinander Reihungen von unzusammenhängenden Anekdoten die teilweise echte Längen entstehen lassen. Da plätschert die Geschichte dann so vor sich hin und weil es eben ein Hörbuch ist, besteht die Gefahr, dass man in Gedanken abschweift und erst nach ein paar Minuten merkt, dass man gar nicht mehr zugehört hat. Aber irgendwie hat man dann auch nichts verpasst. 
Das ist wirklich schade, denn von früheren Lektüren weiß ich, das Alex Capus das eigentlich besser kann. Und auch in diesem Buch gibt es ja viele Stellen, wo er sein schriftstellerisches Können grandios unter Beweis stellt. 


Fazit

Eine Geschichte mit Längen. Aber ich finde, es ist trotzdem lesenswert. Denn dazwischen findet man echte Juwelen an genauen Beobachtungen und spitzen Beschreibungen. Die sind ein echter Genuss und man ist geneigt, über das eigene Leben zu philosophieren.  Eine "Hymne auf die große Liebe" ist es finde ich nicht. Eher eine Hymne an das alltägliche Leben und an die kleinen Dinge, die es so besonders machen. 

Auch das Hörbuch kann ich empfehlen. Am Anfang muss man sich vielleicht etwas "einhören". Aber dann ist es schön und Capus wirkt sehr sympathisch.  



Vielen Dank an das Bloggerportal und den Hörverlag, die mir das Hörbuch zur Rezension zur Verfügung gestellt haben. 

Verlag: der Hörverlag
Dauer: 366Minuten (5CDs) ungekürzt,  gelesen vom Autor

Preis: 18,99€

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2 Kommentare

  1. Und wieder einmal muss ich feststellen, wie ähnlich unser Büchergeschmack ist! :)
    Von "Léon und Louise" war ich auch absolut begeistert. Jetzt lese ich gerade "Das Leben ist gut" und ich kann dir nur zustimmen: es ist interessant und man bleibt dabei, aber mir fehlt definitiv ein Spannungsbogen.
    Ein Drittel liegt noch vor mir, aber das werde ich auch bald gelesen haben. Mal gespannt, wie mein Fazit dann ausfällt, aber ich bin mir auch jetzt schon sicher, dass meine Begeisterung von "Léon und Louise" sicher nicht erreicht werden kann.
    Schöne Grüße
    Dorothea

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    1. Liebe Dorothea,
      Ich finde es auch immer toll, wenn man in den großen Weiten der Bücherwelt jemanden findet, mit dem man den Buchgeschmack teilt. :)
      Schade, dass das Buch dich anscheinend leider auch nicht so richtig begeistern konnte. Aber ich bin auf jeden Fall schon ganz gespannt auf deine Meinung.
      Liebe Grüße, Julia

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