Queenie – Candice Carty-Williams [Rezension]

Donnerstag, November 19, 2020

Kurzmeinung:

"Queenie" von Candice Carty-Williams hat mich beim Lesen gut unterhalten und ich habe Queenies Leben und ihre Entscheidungen und Handlungen teilweise mit Spannung, aber sehr viel öfter mit Fassungslosigkeit verfolgt. Für mich war das Buch definitiv keine –wie auf dem Klappentext beworben– seichte Wohlfühlgeschichte à la Birgit Jones. Queenie hat mit Trauma, Rassismus und Gewalt zu kämpfen. Ich finde, das sollte man vor dem Lesen wissen und die Lektüre ist vielleicht nicht für jede*n das Richtige. 




Klappentext:

Queenie ist ein Naturtalent. Darin, sich Ärger einzuhandeln.
Zum Beispiel in der Zeitungsredaktion, wo sie die Zeit vertrödelt, anstatt endlich über die Themen zu schreiben, die ihr wichtig sind: Black Lives Matter, Feminismus, seelische Gesundheit. Oder mit ihrem braven weißen Boyfriend, der sie nicht gegen seinen (»Er hat’s nicht so gemeint«) rassistischen Onkel verteidigt. Als die Beziehung zerbricht, sucht Queenie Trost in der digitalen Datinghölle und trifft eine falsche Entscheidung nach der anderen. Die Welt schaut ihr zufrieden dabei zu: ist denn von jungen (Schwarzen) Frauen anderes zu erwarten? Eben. Erst als es fast zu spät ist​, stellt sich Queenie den wichtigen Fragen: Wie kann ich die Welt zu einem besseren, gerechteren Ort machen? Und mich in ihr ein bisschen glücklicher?


Meine Meinung:

"Queenie" lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Die Geschichte ist teilweise witzig geschrieben. Sie ist emotional, berührend und spricht wichtige Themen an, wie zum Beispiel die Rassismuserfahrungen von BPoC, Sexismus und psychische Gesundheit.

Queenie erzählt als junge, schwarze Frau in London von ihren Erfahrungen mit Alltagsrassimus, ob von völlig Fremden oder in ihrem eigenen Freundeskreis und der Familie. Es geht auch um Konflikte in der Beziehung zu ihrem weißen Freund, die oft ihre Grundlage in den verschiedenen Hautfarben haben. Queenies Freund Tom kann die Lebensrealität von Queenie oft nicht verstehen, und nennt ihr Aufbegehren gegen Rassismus „Drama“.

Nach der Trennung von Tom erlebt Queenie ein psychisches und emotionales Tief. Und sie lernt die Grauen von Online Dating kennen. Sie flüchtet sich in belanglosen Sex, ohne das sie sich danach besser fühlt. Ich finde gut, wenn in Büchern sexpositive Frauen vorkommen. Aber Queenies Umgang damit finde ich schon problematisch. Sie lässt Männer immer wieder ihre Grenzen überschreiten und ihr körperliche Schmerzen bereiten, ohne dass es ihr gefällt. Sie lebt ihre Sexualität weniger selbstbestimmt, sondern eher als dysfunktionale Strategie zum Umgang mit ihren Gefühlen von Einsamkeit und Minderwertigkeit. Das war für mich beim Lesen teilweise nur schwer auszuhalten. Als Leserin quasi zuzusehen, wie Queenie immer wieder in die selben schwierigen Verhaltensmuster zurückfällt und und sich immer weiter von der Person entfernte, die sie eigentlich sein wollte. Queenie hat Schwierigkeiten zu vertrauen, frisst Sachen lieber in dich hinein und will alles alleine durchstehen.

Als positive Punkte kann ich nennen, dass sich die Geschichte flüssig lesen lässt. Es gab einige Charaktere, die ich sehr mochte, zum Beispiel Queenies Freundinnen. Die Darstellung der Frauenfreundschaften und die angesprochenen wichtigen Themen haben mir gut gefallen. Am Layout möchte ich lobend erwähnen, dass Chatverläufe und SMS als Chats dargestellt werden. Das ist so ein einfach Mittel, macht aber gleich viel mehr Spaß zu lesen. Handychats sind so sehr Teil unseres Alltags geworden. Ich finde es gut, dass das auch Einzug in die Literatur findet. Wurde auch Zeit.
 


Fazit:

"Queenie" von Candice Carty-Williams ist ein Roman über eine junge, schwarze Frau im heutigen London. Die Protagonistin erzählt von den Freuden und dem Leid in ihrem Leben, von Beziehungskrisen, Liebeskummer, Missbrauch, Rassismus, aber auch von Freundschaft und Familie. Dabei kommt das Buch leider nicht ohne Klischees aus und stellt einige problematische Verhaltensweisen dar.  Das macht das Buch teilweise wirklich unangenehm zu lesen, obwohl der Schreibstil an sich mir gut gefallen hat. 

Biblio
Titel: Queenie
Autorin: Candice Carty-Williams
Übersetzung: Henriette Zeltner-Shane
Verlag: Blumenbar



Plauderecke:

Habt ihr von dem Buch gehört oder es sogar schon gelesen? Wie hat es euch gefallen? 

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8 Kommentare

  1. Hallo liebe Julia

    Wie schade, dass dieses Buch bei dir unangenehme Gefühle geweckt hat. Ich habe auch schon sehr begeisterte Rezensionen gelesen. Vielleicht muss ich mir einmal eine Leseprobe dazu ansehen.

    Alles Liebe
    Livia

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    1. Liebe Livia,
      Ich habe zuerst auch die Leseprobe gelesen und die fand ich total gut. Aber im Verlauf wird die Geschichte halt echt immer krasser irgendwie. Da bereitet einen auch die Leseprobe nicht so gut drauf vor, finde ich...
      Aber ja, ich habe auch schon sehr begeisterte Besprechungen gelesen. Das Buch scheint zu polarisieren. ;)
      Bin gespannt, ob du es lesen wirst und falls ja, wie es dir gefallen wird.
      LG Julia

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  2. Hi Julia,
    der von dir wiedergegebene Inhalt hört sich wirklich nicht nach einer Birgit-Jones-Geschichte an.
    Dennoch interessiert mich die Geschichte von Queenie sehr, das Buch kommt auf meine Lese-Liste.

    Ich wünsche dir noch einen schönen Sonntag! :)

    Liebe Grüße
    Lisa Marie von https://sonneimherzen.net/

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    1. Liebe Lisa Marie,
      Dann wünsche ich dir eine interessante Lektüre und bin gespannt, wie dir die Umsetzung der Themen gefallen wird. :)
      Liebe Grüße.
      Julia

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  3. Hallo Julia,

    ja, ich habe Queenie auch gelesen und kann deinen Zwiespalt verstehen. Sie geht so konsequent über jeden Abgrund, dass es nicht leicht ist, ihr zu folgen. Trotzdem fand ich das Buch in seiner Gesamtheit sehr gut, auch weil ihre Entscheidungen eben nicht aus meiner Sicht stimmig sein müssen, sondern aus ihrer und da passt es wieder.

    Liebe #litnetzwerk Grüße
    Eva von Schreibtrieb

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    1. Liebe Eva,
      Wirkich spannend, wie unterschiedlich diese Geschichte wahrgenommen bzw bewertet wird. Habe absolut begeisterte Rezensionen gelesen, genauso wie sehr kritische. Und gerade das macht den Austausch über Bücher doch so interessant. Und es freut mich natürlich, dass dir das Buch insgesamt gut gefallen hat. :)
      Liebe Grüße.
      Julia

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  4. Also als Brigit-Jones-Geschichte würde ich das auch nicht bezeichnen, schon aufgrund der behandelten Themen nicht. Ich würde mich nämlich, genau wie du, schwer damit tun mir die Passagen über den Missbrauch beim Sex durchzulesen. Ich finde, da muss man einfach eine Triggerwarnung setzen, verstehe wie gesagt nicht, wieso es das bei Bücher nicht gibt. Geht bei Filmen/Serien ja auch und finde ich gut, weil man dann vorher entscheiden kann: Kann ich damit umgehen oder nicht. Wenn nicht, schaue ich mir besagte Serie/Film oder die einzelne Episode nicht an. Ist beim Buch ja genau das gleiche, dann kann man selbst entscheidet ob man dies liest. In Buchform ist sowas für mich immer schwieriger, weil ich diese Themen dann gefühlt intensiver erlebe, als bei Filmen/Serien, aber vilt. ist auch mein Kopfkino oft schlimmer, ich weiß es nicht.

    An sich aber definitiv wichtige Themen die angesprochen werde und ich finde es trotzdem wichtig, dass es Bücher über solche Themen gibt, einfach damit das auch in den öffentlichen Diskurs geholt wird.

    Dankeschön für dein liebes Kommentar Julia, freut mich dass du aber auch noch was entdecken konntest.
    Hast du denn schon was von den Serien/Filmen gesehen, die schon online gegangen sind? Bei mir stehen die nämlich noch aus :D. Bin noch mit Sachen beschäftigen, die in den letzten Monaten zu Netflix kamen, somit komme ich da auch längst nicht mehr hinterher.

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    1. Hallo Nicole,
      Danke für deinen ausführlichen Kommentar. Ja, ich bin auch für Trigger Warnungen. Das ist echt überfällig. Aber ja, die angesprochenen Themen sind natürlich wichtig und es ist gut, dass es literarisch besprochen und in die Öffentlichkeit gerückt wird. Aber jede*r sollte eine informierte Entscheidung treffen können, ob er*sie so ein Buch mit solchen Inhalten lesen möchte. Da wären Triggerwarnungen sinnvoll.

      Ha, nee, ich bin auch noch nicht viel zum Netflix Schauen gekommen. Hatte in letzter Zeit Schwierigkeiten mit dem Internet. Aber ich habe meine Watchliste für die Weihnachtstage definitiv gut gefüllt. ;D
      Liebe Grüße
      Julia

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