Gute Nachbarn – Therese Anne Fowler [Rezension]

Dienstag, März 01, 2022

Kurzmeinung: 

Gute Nachbarn von Therese Anne Fowler hat mir unglaublich gut gefallen. Die Geschichte fängt ruhig an und nimmt dann immer mehr an Fahrt auf, bis sie auf die große Katastrophe zusteuert. Zum Ende hin konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen. Eine absolute Empfehlung von mir. 

eBook auf einem Tisch vor Bücherregal. Familie, Liebe


Klappentext: 

In Oak Knoll, einem Vorort in North Carolina, ist das Leben noch in Ordnung: Die Nachbarschaft ist grün und der Zusammenhalt zwischen den Nachbarn eng. Hier zieht die alleinerziehende Forstwirtschaftlerin Valerie Alston-Holt ihren Sohn Xavier groß. Er ist ein Musiktalent und das College-Stipendium ist ihm so gut wie sicher. Dennoch hat er zu kämpfen, denn Valerie ist schwarz, Xaviers Vater weiß, und er selbst passt nirgends so richtig hin.
Als auf dem Grundstück nebenan die Whitmans mit ihren Töchtern einziehen, verändert sich langsam, aber stetig die Gemengelage in dem kleinen Vorort. Sie sind die scheinbar perfekte weiße Familie, die den amerikanischen Traum lebt. Doch ganz so einfach ist es nicht, denn hinter der Fassade verbirgt sich manches Geheimnis. Manchmal braucht es nur noch eine sterbende Eiche und eine Teenager-Liebe, um eine hübsche Nachbarschaft von einer Katastrophe erschüttern zu lassen.
Mit chirurgischer Präzision nimmt Therese Anne Fowler ihre Charaktere Stück für Stück auseinander und zeichnet mit ihrem Roman ein erschreckendes Bild des heutigen Amerika, das noch immer von Rassismus, Sexismus und Vorverurteilungen geprägt ist. Ein Buch, über das man sprechen möchte.

 

Meine Meinung: 

Ok, stellt euch schon mal darauf ein, dass ich dieses Buch in den Himmel loben werde. Wo soll ich anfangen? 

Zunächst einmal mochte ich das Setting sehr. Die Autorin nimmt uns mit in einen kleinen Vorort namens Oak Knoll in den USA, genauer North Carolina. Dort lebt Xavier mit seiner Mutter Valerie. Sie ist Forstwirtschaftlerin, unterrichtet am College, ist liberal eingestellt und setzt sich für Umweltschutz ein. Er spielt leidenschaftlich gern Gitrarre und hat ein Stipendium für ein College in San Fransisco in Aussicht. Der Vater von Xavier ist verstorben. Wie, das möchte ich an dieser Stelle nicht erwähnen, um nicht zu spoilern. Zu erwähnen ist noch, dass es sich bei Xavier um einen Jungen of color handelt, was in der Geschichte zunehmend eine Rolle spielt. 

Die Handlung setzt ein, als auf das Nachbargrundstück die Familie Whitman einzieht. Die Mutter Julia und ihre Tochter Juniper haben sich eine Zeit lang alleine mehr schlecht als recht durchgeschlagen, bis Julia Brad Whitman kennengelernt und geheiratet hat. Mit dem "self-made man", dessern Unternehmen immer weiter wächst, hat sie die gemeinsame Tochter Lilly. Gemeinsam leben sie vermeintlich den amerikanischen Traum und ziehen in Oak Knoll in ein riesiges Luxushaus.

Als sich Juniper und Xavier verlieben, prallen zwei gesellschaftliche Welten aufeinander. Die Familie Whitman und die Familie Alston-Holt könnten unterschiedlicher nicht sein, was ihre Werte und Einstellungen betreffen. Erschwerend kommt noch hinzu, dass Valerie Brad auf Schadensersatz verklagt, da seine Bauarbeiten am neuen Haus einen sehr alten Baum auf ihrem Grundstück töten. 

Und so nimmt die Geschite langsam seinen immer dramatischer werdenden Lauf. Zum einen verfolgen wir die Entwicklung der zarten Jugendliebe, sowie die Entwicklung der beiden jungen Protagonist*innen, die sich über ihre eigenen Vorstellungen und Werte immer weiter klar werden und sich von ihren jeweiligen Familien emanzipieren. Zum anderen verfolgen wir den Nachbarschaftstreit aka die Klage und den sich immer weiter steigernden Konflikt der Familien. Die Handlung nimmt immer mehr an Fahrt auf, die Lage spitzt sich zu. Gleichzeitig lernen wir die Charaktere immer besser kennen, verstehen ihre Vergangenheit, ihre Motive, was sie antreibt und bewegt. 

In Rahmen dieses Konflikt behandelt das Buch Themen wie Klassizismus, Sexismus und Rassismus, ebenso wie Umweltschutz und den Umgang mit Vorurteilen. Wir bekommen Einblick in völlig unterschiedliche Lebensrealitäten und Ansichten. Und auch wenn ich eindeutig eine Seite hatte, die mehr mit meinen Werten übereinstimmte, so hatte beim Lesen doch nicht zu sehr das Gefühl des erhobenen Zeigefingers.

Der Erzählstil ist sehr eingängig, so dass sich die Geschichte gut und flüssig lesen lässt. Zu erwähnen ist hier vielleicht auch, das neben den sich abwechselnden Kapiteln aus Sicht jeweils einer der Protagonist*innen auch immer wieder kurze Kapitel dazwischen geschoben sind, in denen eine nicht genau definierte Gruppe als "wir" zu Wort kommen, die wohl am ehesten die Gruppe der Bewohner des Vorortes Oak Knoll sein könnten. Das war um ehlich zu sein am Anfang etwas befremdlich zu lesen. Ich habe mich jedoch schnell daran gewöhnt und es hat tatsächlich  auch sehr gut zu der Geschichte gepasst und um eine Dimension erweitert, die in so einer eng miteinander lebenden Nachbarschaft wohl unvermeidbar ist: der Einfluss von Klatsch und Tratsch, Gerüchten und wie sie eine Situation noch weiter aufheizen und eskalieren lassen können.

 

Buchcover. Baum. Umweltschutz. Liebe. Familie. Roman. Bestseller.

Fazit: 

Mit Gute Nachbarn schafft Therese Anne Fowler eine Geschichte, die mich sehr bewegt hat und die mich geschockt und nachdenklich zurückgelassen hat. Sie hat es geschafft, so viel Spannung zu erzeugen, dass ich das Buch kaum noch aus der Hand legen konnte und gleichzeitg immer wieder Pausen einlegen musste, um über das Gelesene nachzudenken. Es hat mich wütend und traurig gemacht, und mir schon bewusste Problemfelder und Ungerechtigkeiten noch mal literarisch vor Augen geführt. 

Ein sehr gelungener Gesellschaftsroman, der definitiv zu meinen Jahreshighlights 2021 gehört!  

Ich kann ihn allen empfehlen, die Bücher im Stil von Celest Ng und Delphine de Vigan mögen. 


Biblio
Verlag: Droemer
Autorin:  Therese Anne Fowler
Übersetzung: Nicole Seifert
Seiten: 352
 
 

Plauderecke:

Habt ihr schon von dem Buch gehört? Oder habt ihr es sogar schon gelesen? Falls ja: wie hat es euch gefallen? Falls nein: konnte ich euch neugierig auf das Buch machen? 

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2 Kommentare

  1. Hallo meine liebe Julia

    Wie schön, nach sooo langer Zeit endlich wieder einmal eine Rezension von dir lesen zu dürfen. Und dann noch so eine begeisterte, wooow, ich freue mich gerade riesig :-)

    Das Buch ist mir bei Instagram und sicher auch bei dir im Feed schon begegnet und ich habe es mir nach deiner überzeugenden Rezension vorgemerkt.

    Lieben Dank dafür und hoffentlich lese ich bald wieder etwas von dir
    Livia

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    Antworten
    1. Liebe Livia,

      Jaaa, es war wirklich eine lange Zeit. Ich freue mich auch sehr, dass ich endlich mal wieder Buchbesprechungen schreibe. Auch wenn bei weitem nicht mit der Frequenz wie früher. Dazu beanspruchen mich meine Arbeit und meine Ausbildung einfach zu sehr... Aber ganz aufgeben möchte ich den Blog dann doch nicht!

      Das Buch kann ich dir wirklich sehr empfehlen. Mich konnte es richtig begeistern. Hast du es mittlerweile schon gelesen?

      Liebe Grüße und danke für deine treuen Besuche hier, auch wenn es etwas stiller geworden ist.. <3
      Julia

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