Die dritte Hälfte eines Lebens – Anna Herzig [Rezension]
Donnerstag, Juni 23, 2022Kurzmeinung:
Die dritte Hälfte eines Lebens von Anna Herzig ist ein interessanter Roman über eine Dorfgemeinschaft, in der alles beobachtet und bewertet wird, und in der einem das Leben schwer gemacht wird, wenn man von der "Norm" abweicht.
Klappentext:
Krimmwing ist ein Dorf wie viele andere. Ein Dorf, das sehr genau beobachtet, bewertet und urteilt. Das aber auch gut ist im Wegsehen und Weghören. So haben es die schwer, die anders sind. Der Rathbauer etwa, der sich so gern schminkt allein vorm Spiegel. Der Steinlachner Seppi mit seiner dunklen Hautfarbe, zurückgelassen vom Vater, der kein Einheimischer war. Die junge Rosa, ledig und alleinerziehend. Oder die Liesl mit der körperlichen Auffälligkeit. Warum der Seppi letztlich mit einem Seil zum Apfelbaum auf den Kirschkernhügel gegangen ist, will im Nachhinein niemand geahnt haben. Doch Krimmwing ist auch ein Dorf, das nicht vergisst. Und als der Peter Dohringer nach vielen Jahren zurückkehrt, wird es unangenehm für einige in der Gemeinde.
Anna Herzig legt ein Romandebüt vor, das in eindrücklichen Szenen die Machtverhältnisse und Triebkräfte einer Dorfgesellschaft aufzeigt. Ihre scharfen Beobachtungen sind frei von Bewertung, sie stehen und wirken für sich. Nüchtern und schmucklos sind viele Sätze, die in ihrer Klarheit eine umso stärkere Wirkung entfalten. „Die dritte Hälfte eines Lebens“ ist ein Plädoyer dafür, gesellschaftliche Normen neu zu denken. „Sich dem Leben entgegenzustemmen, das muss einem liegen, sagt der Dohringer und die Liesl lächelt.“
Meine Meinung:
"Die dritte Hälfte eines Lebens" ist nun schon mein drittes Buch von Anna Herzig (wenn auch der erste Roman, wie ich gelernt habe ;D). Und auch dieses Buch habe ich wieder sehr gern gelesen. Ich mag einfach den Schreibstil der Autorin sehr. Herzig schreibt schonungslos ehrlich, authentisch, schnörkellos und mit einer gewissen Coolness.
In diesem Roman widmet die Autorin sich dem Leben in einem kleinen fiktiven Dorf names Krimmwing. Ein Dorf, in dem jede*r jede*n kennt, in dem alles beobachtet und bewertet wird. In dem nichts geheim bleibt und in dem es einem schwer gemacht wird, von der Norm abzuweichen.
Schonungslos ehrlich stellt Herzig die alltäglichen menschlichen Abgründe dar. Sie beleuchtet all ihre Verfehlungen und Schwächen, ohne dabei aber ihre Charaktere zu verurteilen.
Die Darstellung der Dorfgemeinschaft und der Beziehungsdynamiken zwischen den Dorfbewohner*innen hat mich erschreckt und an eine andere Seite des literarisch sonst so oft romantisierten Dorflebens erinnert.
“Der Verzicht, ein Leben zu leben, weil die anderen denken, was sie denken, ist eine ungesunde Diät.“ (Aus "Die Dritte Hälfte eines Lebens", Seite 60)
Die Lektüre hat mich bewegt und beeindruckt und hat mich nach lange, nachdem ich das Buch zugeschlagen habe, beschäftigt.
2 Kommentare
Hallo Julia,
AntwortenLöschendas klingt sehr interessant! Die Autorin ist auf meiner Wunschliste schon mit anderen Titeln vertreten, da kommt dieser hier jetzt noch dazu.
LG,
Mikka
Hallo Mikka,
LöschenAlso die Autorin kann ich dir wirklich sehr empfehlen. Mein Lieblingsbuch von ihr ist "Sommernachtsreigen", aber auch "Herr Rudi" ist wirklich, wirklich toll! <3
Ich würde dir empfehlen, sie nicht zu lange auf der Wunschliste zu lassen. ;) Ich finde, sie hat einen sehr besonderen Schreibstil. Für mich war sie eine echte Entdeckung!
Liebe Grüße
Julia
Ich liebe den Austausch mit meinen Leser*innen und freue mich über jeden Kommentar.
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