Iss das jetzt, wenn du mich liebst – Bianca Nawrath [Rezension]

Mittwoch, November 10, 2021

Kurzmeinung:

Iss das jetzt, wenn du ich liebst von Bianca Nawrath ist ein tolles Buch über Liebe, Familie, Migration und interkulturelle Unterschiede, aber vor allem auch über das, was uns verbindet. 

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Klappentext:

Die junge Berlinerin Kinga will heiraten. Und zwar ihren Freund Mahmut, mit dem sie bereits seit einigen Jahren Wohnung und Weltansichten teilt. Das Problem: Kingas Eltern wissen nichts von der Beziehung ihrer Tochter. Im Elternhaushalt gilt die Heilige Dreifaltigkeit von Papst, Wodka und Gulasch. Kingas Eltern sind, um den gemeinsamen Kindern mehr Perspektiven zu ermöglichen, von der polnischen Provinz Oppeln in eine Berliner Platte gezogen. Während sie Jeans und Discounter für eine gute Errungenschaft in Deutschland halten, ist ihnen die Nachbarschaft zu den türkischen Migranten nicht ganz geheuer. Und nun will die älteste Tochter »so einen« heiraten? Kurzerhand wird der unerwünschte Schwiegersohn zum Kennenlernen zu einer Familienhochzeit in der alten Heimat eingeladen – und da sorgt nicht nur Omas Flaki für Magenschmerzen. 
Bianca Nawrath schreibt über das Aufwachsen im Nachwende-Berlin, über die große Liebe und Familienbande, und streift dabei im Vorbeigehen die Themen Heimat und Herkunft.

 


Meine Meinung:

Was für ein cooles Buch. Es spricht so viele interessante, wichtige und teilweise auch wirklich schwierige Themen an. Dabei geht es zum Beispiel um Migration, rassistische Vorurteile, Heimat und Herkunft und die Suche nach der eigenen Identität und dem eigenen Platz in der Gesellschaft, aber auch um Sucht, interkluturelle Beziehungen, Liebe und Familie. Die Autorin schafft es trotz der teilweise ernsten Themen, eine leichte Grundstimmung zu bewahren, nur um einem dann völlig überraschend in emotionale Höhen und Tiefen zu stürzen. Die Autorin lässt uns ganz nah ran an ihre Figuren.  
Es macht einfach Spaß, dieses Buch zu lesen. Das liegt an der Bearbeitung vieler interessanter Themen, aber vor allem an den unglaublich coolen, authentischen, teilweise skurrilen Personen. Ich habe Kinga und Mahmut geliebt, habe mir über Kingas Mutter die Haare gerauf, habe eine ganze, teilweise etwas zur Fremdscham anregende und insgesamt doch absolut liebenswerte polnische Großfamilie kennengelernt und fühlte mich selbst wie auf einer großen, lauten, etwas unübersichtlichen und sehr netten Familienfeier. Da ich selbst aus einer (allerdings nicht polnischen) Großfamilie komme, kamen mir viele Szenen sehr bekannt vor und ich habe mich beim Lesen wirklich amüsiert und teilweise schmerzlich ertappt gefühlt.
 
Das Buch bietet beides: viele heitere Passagen zum Schmunzeln und Lachen, zum Beispiel wenn der nicht polnisch sozialisierte Mahmut mitten reinstürzt in das polnische Familienleben und es zu so manchen witzigen und skurrilen Situationen kommt, aber auch ernste Themen und Passagen, die mich haben innehalten und nachdenken lassen. Zum Beispiel, wenn es um den Alkoholismus von Kingas Vater und dessen Auswirkungen auf das Familienleben geht. Oder wenn es um die Frage nach der Rolle der Frau, die Selbstbestimmung und den Druck der Gesellschaft geht, der auf junge Frauen ausgeübt wird bezüglich Ehe, Mutterschaft etc.

Ebenfalls sehr gut gefallen haben mit die kleine Zitate und Sprichwörter am Anfang jedes Kapitels, die in der Landessprache der Familie geschrieben stehen, um die es gerade geht.

Einen kleinen negativen Punkt habe ich bei aller Begeisterung auch: manche Szenen und Dialoge wirkten für mich leider zu gewollt und künstlich. Ich hatte manchmal das Gefühl, die Autorin hatte eine bestimmte Message im Kopf, die vermittelt werden sollte. Und dann wurden die dazu passenden Sätze einfach einer Figur in den Mund gelegt, egal, ob das gerade passt und authentisch wirkt, oder nicht. Und über solche Sätze und Szenen bin ich dann etwas gestolpert, in dem ansonsten wirklich sehr flüssig zu lesenden Roman. Zum Glück gab es solche "Stolper-Szenen" nur sehr selten.  

 

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Fazit: 

Ich kann euch Iss das jetzt, wenn du ich liebst von Bianca Nawrath mit gutem Gewissen ans Herz legen. Es ist eine heitere Lektüre mit vielen ernsten Passagen mit viel emotionaler Tiefe. Das Buch hat einen tollen Erzählstil und viele einzigartige und liebenswerte, teilweise auch nervige und problematische Charaktere –ganz so, wie das in einer Großfamilie eben so vorkommt.


Biblio
Titel: Iss das jetzt, wenn du mich liebst
Autorin: Bianca Nawrath
Verlag: Ecco Verlag
Seiten: 288


Plauderecke: 

Habt ihr schon von dem Buch gehört? Oder habt ihr es sogar schon gelesen? Falls ja: wie hat es euch gefallen? Falls nein: konnte ich euch neugierig auf das Buch machen?

Wie gut kennt ihr euch so mit der polnischen Kultur aus?

Und stammt ihr, wie ich und Kinga, aus einer Großfamilie, oder sind euch turbulente, laute, peinlich-lustige Familienfeiern eher fremd?

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1 Kommentare

  1. Hallo Julia,

    da hast Du wieder mal ein Buch vorgestellt, das mir bisher überhaupt noch nicht üebr den Weg gelaufen ist, ich noch nicht mal das Cover irgendwo im Vorbeigehen wahrgenommen habe (das Gurkenglas wäre mir ganz sicher aufgefallen), aber das mich doch ziemlich anspricht.
    Mit Polen hab ich keine Berührungspunkte, aber Großfamilie mit Onkels, Tanten, Cousins und Cousinen und mehr skurrilen als durchschnittlichen Anverwandten kann ich dienen. Und der älteste Bruder meines Vaters hat die Vertreibung und Neuansiedlung als "Sudeten-Flüchtling" schon sehr bewusst miterlebt und die seelische Verbindung zur "alten Heimat" auch nie verloren.
    Natürlich kriege ich selbst auch immer wieder mit, wie Neubürger untereinander Abstufungen machen und zum Beispiel Menschen aus den ehemaligen jugoslawischen Staaten auf gar keinen Fall mit afrikanischen oder syrischen Kriegsflüchtlingen (oder Rumänen, Ukrainern etc.) in einen Topf geworfen werden wollen. Da prallen nicht nur fremde Kulturen auf die deutsche, sondern auch viele grundverschiedene zugewanderte Kulturen aufeinander.

    Wenn man das mit Humor und Augenzwinkern betrachten kann, bin ich schon überzeugt. Das Buch muss auf meine Leseliste, mal sehen, ob ich es irgendwann in der Onleihe erwische, da stöbere ich seit einiger Zeit sehr gern.

    Liebe Grüße und willkommen zurück in der Blogosphäre :-)
    Gabi

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