Das Verschwinden der Stephanie Mailer – Joel Dicker [Rezension]
Dienstag, September 03, 2019
Kurzmeinung:
Ein wirklich starker Anfang, der dann leider ziemlich schnell in Klischees, hölzerne Dialoge, stereotype Figuren und zum Teil wirklich absurde Handlungsstränge übergeht.Das Joel Dicker großartige Krimis schreiben kann, hat er mit "Harry Quebert" und "Die Geschichte der Baltimores" bewiesen. Für "Stephanie Mailer" kann ich aber leider wirklich keine Empfehlung aussprechen.
Klappentext:
Es ist der 30. Juli 1994 in Orphea, ein warmer Sommerabend an der amerikanischen Ostküste: An diesem Tag wird der Badeort durch ein schreckliches Verbrechen erschüttert, denn in einem Mehrfachmord sterben der Bürgermeister und seine Familie sowie eine zufällige Passantin. Zwei jungen Polizisten, Jesse Rosenberg und Derek Scott, werden die Ermittlungen übertragen, und sie gehen ihrer Arbeit mit größter Sorgfalt nach, bis ein Schuldiger gefunden ist. Doch zwanzig Jahre später behauptet die Journalistin Stephanie Mailer, dass Rosenberg und Scott sich geirrt haben. Kurz darauf verschwindet die junge Frau ...Meine Meinung:
Der Anfang der Geschichte ist unglaublich gut gelungen. Schon in den ersten Absätzen hat Dicker große Spannung erzeugt und mich sofort an die Seiten gefesselt. Ich war gleich neugierig und konnte das Buch zunächst kaum aus der Hand legen.Doch das war dann auch schon fast das einzig Gute an dem Buch. Denn die sogartige Spannung konnte der Autor nicht sehr lange aufrechterhalten und so ging es ziemlich schnell abwärts.
Was dann kamen waren hölzerne Dialoge, stereotype Figuren und der klassische Verlauf eines beliebigen whodunit Krimis. Nicht generell schlecht, aber eben auch nichts besonderes, wie ich es bei Dicker erwartet hätte.
Beim Lesen wirklich gestört haben mich die häufigen Wechsel zwischen erster und dritter Person der Erzähler*innen. Ich habe für diese Wechsel kein logisches Konzept feststellen können und so haben mich diese eher irritiert.
Da der Kriminalfall leider nicht allzu große Spannung aufkommen lässt, muss der Autor leider zu (billigen) Hilfsmitteln greifen, wie zum Beispiel dem Wechsel in eine andere Zeitebene, wenn es im aktuellen Handlungsstrang gerade interessante Entwicklungen gab. Das kann man gerne ein oder zwei mal als Stilmittel einbauen. Wenn es aber fast zum einzigen Mittel wird, um Spannung zu erzeugen, dann ist das leider schon eher traurig, finde ich.
Manche Handlungsstränge waren leider nicht nur "nicht spannend", sondern leider regelrecht langweilig. Beispielhaft möchte ich hier die Passagen von Steven und Alice nennen. Auf vielen Seiten wurde immer und immer wieder das selbe erzählt. Dabei hat man als Leser*in die Beziehungsdynamik längst verstanden gehabt. Die Handlung dreht sich dort leider viel im Kreis.
Als sich zu der fehlenden Spannung und den zahlreichen Klischees und stereotypen Figuren dann auch noch wirklich abstruse Handlungsstränge gesellten, wie zum Beispiel die Kindheit des einen Ermittlers bei seinen Großeltern, die ausschließlich die Sätze "Verdammte Affenbande" und "So ne Kacke" gebrüllt haben sollen, war ich wirklich kurz davor, das Buch abzubrechen. Aber das habe ich dann doch nicht übers Herz gebracht, weil ich die Arbeit des Autors ja eigentlich wirklich schätze.
Zum Ende des Buches kam dann auch noch mal ein bisschen Spannung auf. Die Auflösung fand ich auch gar nicht schlecht. Ein bisschen enttäuschend fand ich aber, dass die vielen losen Enden, die sich über den Verlauf des ja doch recht umfangreichen Romans angesammelt hatten, relativ lieblos in kurzen Abschnitten in einem Epilog abgearbeitet wurden.
Fazit:
Mein Fazit zu diesem Buch: lest lieber die ersten beiden Romane von Joel Dicker. Die sind beide wirklich großartig und sehr empfehlenswert!Biblio
Titel: Das Verschwinden der Stephanie Mailer
Autor: Joel Dicker
Übersetzung:
Verlag: Piper
Seiten: 672
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2 Kommentare
Hallo,
AntwortenLöschenauf das Buch hatte ich mich gefreut, war dann aber unglaublich enttäuscht... Die Figuren sind so lächerlich übersteigert, dass ich sie absolut unglaubwürdig fand. Das Beispiel mit den Großeltern war für mich auch so etwas, wo ich dachte: wirklich? Das soll ich jetzt glauben? Und was soll das überhaupt?
LG,
Mikka
[ Mikka liest von A bis Z ]
Hallo Mikka,
LöschenJa, genau so ging es mir ja leider auch. Wirklich schade, besonders, wenn man sich so freut und so hohe Erwartungen hat...
LG, Julia
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