Der Anhalter – Gerwin van der Werf [Rezension]

Samstag, Mai 09, 2020

Bestseller Familie Legenden Reisen Spannung Verfolgung Buchbesprechung LiteraturempfehlungKurzmeinung: 

In Der Anhalter erzählt Gerwin van der Werf eine spannende Geschichte mit interessanten Charakteren und einer ganz besonderen Atmosphäre. Es geht um Beziehungen zueinander und die Frage, zu was jeder Mensch in der Lage ist, wenn er sich in einer Notlage sieht. Dazu kommt noch der wundervolle Schauplatz in Islands rauer Natur. 


Klappentext: 

Für Tiddo, Isa und ihren Sohn Jonathan soll es die Reise ihres Lebens werden, mit dem Wohnmobil durch Island. Schon immer hat es sie auf die mystische Insel gezogen. Nun endlich wird es was, muss es was werden – Tiddo erhofft sich von der Reise nicht weniger als die Rettung seiner Ehe. Doch dann nehmen die drei auf ihrem Roadtrip einen merkwürdigen Anhalter mit, der immer neue Gründe findet, um weiter mitzureisen. Der Fremde durchbricht die Zurückhaltung Jonathans, fasziniert Isa und fordert Tiddo heraus. Als das fragile Gleichgewicht der Familie endgültig zu kippen droht, sieht Tiddo in einer halsbrecherischen Fahrt zum Kratersee Öskjuvatn den einzigen Ausweg.
Wie weit geht ein Mensch, der Gefahr läuft, alles zu verlieren?



Meine Meinung: 

Zuerst einmal: das Buch hat mir wirklich gut gefallen. Und zwar alles daran. Es ist für mich ein eher ungewöhnliches Buch. Es ist überraschend, folgt nicht dem ewig gleichen Schema X. Es hat interessante Figuren und eine ganz besondere Atmosphäre. 
Für mich waren von zentraler Bedeutung die Analyse von Beziehungen. Sei es zwischen Mann und Frau, zwischen Eltern und Kind, oder zu einem Fremden. 
Erzählt wird die Geschichte aus Sicht von Tiddo. In seiner Ehe zu Isa kriselt es. Schon Jahre lang läuft es nicht mehr gut, es fehlt Intimität.   Es gab Schicksalsschläge, die sie nicht gemeinsam verarbeitet haben und einen Alltagstrott, der sie hat auseinanderdriften lassen. Auch Tiddos Selbstwert spielt eine große Rolle. Er hat das Vertrauen in seine Fähigkeiten als Mann und Vater verloren. 


„(...) einen kurzen Augenblick fühle ich wieder, wer ich bin: ein Mann, der seinen Sohn nicht kennt und für seine Frau zu dumm ist.“ (Aus "Der Anhalter", S.151)


Auch zu seinem Sohn Jonathan hat Tiddo die Verbindung verloren. Er weiß nicht, wie er mit ihm umgehen soll, wie er das Vertrauen und die Nähe wieder herstellen kann. 

Er erhofft sich viel von dem Urlaub in Island. Genaue Vorstellungen, wie das funktionieren soll, hat er allerdings keine. 

Tiddo ist ein Mann geprägt von Selbstzweifeln, der durch eine Reise seinen Sohn kennenlernen und seine Ehe retten möchte. 

Diese Elemente der Geschichte haben mir schon mal sehr gut gefallen. 

Dann kommt eine weitere Figur ins Spiel. Tiddo und seine Familie beschließen einen Anhalter mitzunehmen, der das ganze Beziehungsgefüge durcheinanderbringt. Er ist groß, gutaussehend und hat jede Menge von dem Selbstvertrauen, das Tiddo fehlt. Tiddos Beziehung zu ihm wechselt zwischen Freund und Vorbild auf der einen, und Rivale auf der anderen Seite. Der Anhalter erzählt von den Legenden Islands, schlüpft in die Rolle des Islandkenners und Fremdenführers, des Kumpels für Jonathan, den Verführer für Isa. Ob das alles wirklich so geschieht, oder eine Interpretation des eifersüchtigen und unsicheren Tiddos ist, wird nicht klar. Schließlich passiert etwas dramatisches, was Tiddo sich am Anfang seiner Reise wahrscheinlich nie hätte ausmalen können. Das Erzähltempo wird rasanter und ich bin nur noch so durch die Seiten geflogen. Immer mehr wird die Erzählung geprägt von Tiddos Paranoia, seinem schlechten Gewissen und der Flucht vor dem Geschehenen. 
Das alles ist eingebettet in wunderschöne Naturbeschreibungen. Ich konnte mir die raue und magische Landschaft richtig gut vorstellen und die Lektüre hat mich sehr in meinem Wunsch bestärkt, selbst einmal nach Island reisen zu wollen.


Man soll sich von der Wahrheit nicht bevormunden lassen (...).“ (Aus "Der Anhalter", S.192)



Bestseller Familie Legenden Reisen Spannung Verfolgung Buchbesprechung Literaturempfehlung


Fazit:

Der Anhalter von Gerwin van der Werf ist ein facettenreicher und spannender Roman über einen Mann, der durch eine Islandreise die Beziehung zu seiner Frau und seinem Sohn retten möchte. Es gibt eine interessante Analyse vom Beziehungsgefüge einer Familie. Dazu kommen magische und Spannungselemente und die wunderbaren Naturbeschreibungen von Islands rauer Wildnis. Klare Empfehlung. 

Biblio
Titel: Der Anhalter
Autor: Gerwin van der Werf
Übersetzung: Marlene Müller-Haas
Verlag: S. Fischer 



Das könnte dir auch gefallen: 

Herz auf Eis – Isabelle Autissier  
--> Auch hier gibt es diese raue, unbarmherzige Natur und einen interessanten Fokus auf die Beziehung der Protagonisten.  Auch wird eine Tat und deren Konsequenzen beschrieben. 

Kleine Feuer überall – Celeste Ng 
--> Auch in diesem Roman steht die Familie und die Beziehung der verschiedenen Charaktere im Mittelpunkt. 

Die Terranauten – T.C. Boyle 
--> Vom Stil her hat mich das Buch auch an "Die Terranauten" erinnert. Die Beziehungen der verschiedenen Figuren werden beschrieben, und wie sie sich unter den außergewöhnlichen Umständen verändern und zuspitzen.


Plauderecke: 

Kennt ihr den Roman schon? Falls ja, wie hat er euch gefallen? Und falls nicht, konnte ich euch neugierig auf die Geschichte machen?
Was habt ihr als letztes gelesen?

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