Deutschland schafft mich – Michel Abdollahi

Samstag, August 22, 2020

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Kurzmeinung:

"Deutschland schafft mich. Als ich erfuhr, dass ich doch kein Deutscher bin" von Michel Abdollahi ist ein sehr gutes Buch, das informiert, aufklärt und wachrüttelt.
 

Klappentext:

Von Deutschlands „Super-Vorzeige-Migranten“ zum Hassobjekt der Rechten
Michel Abdollahi ist ein echter „Hamburger Jung“ – so dachte er jedenfalls von sich. Bis die AfD in die Parlamente einzog und die gesellschaftliche Debatte radikal veränderte. Auf einmal sind Menschen mit schwarzen Haaren „Vergewaltiger“ und „Kopftuchmädchen“, jeder Muslim ein „Bombenleger“. Zu Abdollahis Entsetzen werden solche Aussagen auch noch von einem Großteil der
Medien und der demokratischen Parteien diskutiert, was erst recht dazu führt, dass sich der Hass voll entlädt.
Michel Abdollahi erzählt davon, wie ihn sein deutscher Pass und seine scheinbar vorbildliche Integration heute nicht mehr vor rassistischen Übergriffen und Beleidigungen bewahren, zeigt aber auch, dass Aufgeben keine Option ist.



Meine Meinung:

Michel Abdollahi ist mit diesem Buch wirklich etwas großartiges gelungen. Er liefert Hintergrundinformationen und einen historischen Abriss der Radikalisierung und Verschiebung des Diskurs nach rechts. Dabei berichtet er zum Beispiel von dem Mord an Walter Lübke, dem NSU, der Hetzjagd in Chemnitz, dem Anschlag in Halle und vielem mehr. Er analysiert und bewertet die Ereignisse, ordnet ein. Er lässt dabei seine persönlichen Erlebnisse als nach Deutschland immigrierter Iraner einfließen. So berichtet er ganz persönlich aus seiner Biografie und von seinen eigenen Erfahrungen. Zum Beispiel von den Unterschieden von seiner Kindheit im Iran und dem Aufwachsen in Deutschland. Von Verwirrung beim ersten Osterfest, als er als kleiner Junge einfach nicht verstehen konnte, warum ein Hase im Wald Eier verstecken sollte.

In seinem Buch stellt Abdollahi die Rolle der Politiker, der Medien und der Zivilgesellschaft bei der Diskursverschiebung nach rechts dar. Er geht ein auf die Entwicklung der sozialen Netzwerke und die daraus erwachsenden Chancen und Gefahren, zum Beispiel in Bezug auf die Verbreitung von Fake News und das Vernetzen zuvor vereinzelter Radikaler und einzelner radikaler Gruppen. Er zeigt den systematisierten Rassismus und die rechte Gesinnung in wichtigen demokratischen Instanzen wie der Polizei, dem Militär und der Justiz auf, bei denen wir darauf angewiesen sind, dass die dort arbeitenden zu unserer Verfassung und unseren freiheitlich-demokratischen Werten stehen.

Michel Abdollahi gibt denen eine Stimme, die diese Entwicklungen in Richtung rechts und offen gezeigtem Rassismus, rassistisch motivierten Anschlägen besonders betreffen und die in unserer Gesellschaft zu wenig gehört werden. Er bringt einen sachlichen, gut recherchierten Beitrag zum Diskurs, nimmt eine klare Einordnung der Ereignisse vor und kann mit seinen Worten hoffentlich die Massen endlich wachrütteln. 


Abdollahi entlarvt gekonnt die Mechanismen rechten Hasses. Er macht aber auch Hoffnung, in dem er die aktive Zivilcourage und ehrenamtliches Engagement lobt, den Einsatz für demokratische Werte. Das Buch ist neben der Analyse des bisher Geschehenen und dem Aufzeigen der Gefahren dieser Entwicklung auch ein Plädoyer für eine offene Gesellschaft. Abdollahi bringt nicht nur einen Beitrag zum Diskurs, sondern bietet auch Lösungen an. Er fordert Haltung und Handlung, da nur dies zur Veränderung führen kann.

"Deutschland schafft mich. Als ich erfuhr, dass ich doch kein Deutscher bin" von Michel Abdollahi ist ein sehr gelungenes Sachbuch zum Thema Rechtsruck und Rassismus in Deutschland. Ich konnte für mich viel aus diesem Buch mitnehmen. Es fasst die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte gut zusammen, scheut nicht, Versäumnisse der Politik und Medien, aber auch der Zivilgesellschaft klar zu benennen und ruft zu einer aktiven Haltung gegen Rechts auf. Einer Haltung, die auch ich zukünftig noch stärker zeigen möchte. Zwar waren mir viele der hier benannten Ereignisse, Vorfälle und Entwicklungen auch aus den Nachrichten bekannt, aber die Zusammenfassung und das Aufzeigen der Zusammenhänge, hat für mich noch einmal mehr Klarheit schaffen können. 


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Biblio
Titel: Deutschland schafft mich. Wie ich erfuhr, dass ich doch kein Deutscher bin.
Autor: Michel Abdollahi
Verlag: Hoffmann & Campe
Seiten: 256


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Plauderecke:

Kennt ihr Michel Abdollahi schon? Und habt ihr schon sein Buch gelesen? Falls ja: wie hat es euch gefallen? Falls nicht, hoffe ich, dass ich euch neugierig auf das Buch machen konnte. 
Lest ihr gern Sachbücher? Falls ja: zu welchen Themen?

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2 Kommentare

  1. Das Buch wurde direkt abgespeichert! Danke für die Rezension, das Buch klingt echt gut & wichtig. LG Nadine

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    1. Liebe Nadine,
      Ich finde es auch unglaublich wichtig. Gerade jetzt. Freut mich, dass du es dir gespeichert hast. Ich kann es wirklich sehr empfehlen. Kannst gern mal berichten, wenn du es gelesen hast. :)
      LG Julia

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